Vinezia Illumenata

Zaki Al-Maboren, Deutschland, Mai 2013

Irdische Schönheit und abgründige Tiefe

Wenn sich ein Künstler an Venedig wagt, dann hat er große Vorbilder. Seit der Barockzeit ist Venedig eines der wichtigsten Zentren der abendländischen Kunst. Die berühmtesten Maler, Bilderhauer, Dichter und Musiker zog es nach Venedig, um hier zu arbeiten. Bellini, Tizian, Vivaldi, Wagner und nun auch Zaki Al Maboren, ein Künstler, der die Kulturen Afrikas und Europas miteinander vereint. Ganz im Stil der venezianischen Maler dominiert auch in den Bildern von Zaki Al Maboren Licht und Farbe.

Zaki al Maboren ist sich der großen Vorbilder spielerisch bewusst. Er lässt sich weder von der kunsthistorischen Bedeutung Venedigs noch von dessen klischeehaften Abbild beeinflussen. Er nimmt wie viele Künstler vor ihm die Atmosphäre der Stadt in sich auf und malt seine Sicht der Dinge: kunterbunte Vielfalt, sprühendes Leben, leuchtende Schönheit und geheimnisvolle Tiefe. Zaki al Maboren, dass sieht man auf den ersten Blick, ist von der Architektur der Stadt fasziniert. Er malt Häuser und Fassaden umgeben von dem tiefen Blau des Wassers. Seine Malerei ist kein bloßes Abbild der Stadt und es schwimmen auch keine Gondeln auf seinen Bildern. Wie auf allen Arbeiten des afrikanischen Künstlers dominiert die Farbe in einer Leuchtkraft, die an sonnendurchschienene Fenstermalerei erinnert. Seine Bilder erhalten durch die Technik der Edding-Tusche Tiefe und Glanz, die das Herz erwärmen und die Augen erstaunen lassen.

Die Häuserfassaden in den Arbeiten „…“ sind gold glänzend in ein Licht getaucht, wie es die tief stehende Sonne manchmal zaubert. Die großflächige mit Rottönen verwobene Malerei ist von feinsten dunklen Strichen durchzogen, in der sich Architekturelemente nebeneinander reihen: Türen, Fenster, Säulen und Dächer. Die Bilder sind flächig, ornamenthaft und grazil. Bei aller Akribie der Darstellung sind sie mit einer Leichtigkeit gemalt, die an schönste Kinderzeichnungen erinnert. Wollte Paul Klee nicht wieder lernen zu malen wie ein Kind? Zaki al Maboren hat sich die kindliche Unbeschwertheit immer bewahrt und sie in seine perfekt inszenierten Bilder integriert. Sie sind streng komponiert und dennoch märchenhaft verspielt.

Andere Bilder von Venedig wirken so, als hätte Hundertwasser hier gebaut. In „…“ erhebt sich über unzählige Etagen ein Haus aus grünen, blauen und gelben Elementen, eine Architektur ohne gerade Linie. Dieses Spiel aus Formen und Farben könnte endlos weitergehen und würde niemals langweilig werden, weil es pure Lebendigkeit ausrückt, auch wenn kein einziger Mensch auf diesem Bild zu sehen ist. Rechts und links geht die grüne Fassade langsam in ein tiefschwarzes Blau über, das die Helligkeit des Hauses noch mehr zum Strahlen bringt.

Wo das Leben pulsiert, ist der Tod meist nicht weit. Venedig ist auch das Symbol von Vergänglichkeit, das Zaki al Maboren in seinem Bild „Augenblick“ aufnimmt. Der Maler schaut von oben auf den Grundriss einer bunten Stadt, die von einem dunklen Strom zerteilt wird. Wieder einmal reihen sich Häuser an Häuser in einer unendlichen farbenfrohen Reihe. Der dicke Strom in der Mitte ist von ganz anderer Natur. Die fließenden dunkel-grün-blauen Flächen stehen in einem unheimlichen Kontrast zu den kleinen Strukturen des Häusermeeres. Aus den Tiefen des Flusses tauchen zwei riesige Gestalten auf, maskenhafte Gesichter mit schwarzen Körpern, die sich an die Bewegungen des Flusses anschmiegen. Hier bleibt die Zeit stehen und die Welt der irdischen Schönheit trifft auf den ewigen alles mit sich reißenden Wandel.

Martin Ganzkow
Kulturwissenschaftler – Dernerburg

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